Albtraum Wocheneinkauf – oder: Frühling! Da schlagen nicht nur die Bäume aus!

Der Frühling ist im Anmarsch, wenn auch sehr zögerlich und alles in allem machen die ersten Anzeichen von Sonne, Wärme und Frühblühern gute Laune – zumindest bei den meisten Menschen. Es gibt jedoch Zeitgenossen, deren Übellaunigkeit sich als völlig resistent gegenüber positiv stimulierenden, äußeren Einflüssen erweist und diese trifft man besonders häufig in der Klassenschlange des Supermarktes. Man erkennt sie leicht an dem verkniffenen Gesichtsausdruck, der sich starr in die Gesichtszüge eingegraben hat, sodass bei dem Versuch zu lächeln Risse entstehen! Das sind die „Grinchs“ unserer Zeit, die in ihrem Dasein nur dann einen Sinn sehen, wenn ihr Umfeld genauso sauer und schlecht gelaunt ist wie sie selbst.

Ich halte mich für einen höflichen Menschen. Im Bus biete ich älteren Fahrgästen und werdenden Müttern meinen Sitzplatz an, lasse am Zebrastreifen selbst unter Zeitdruck japanische Großreisegruppen passieren und gewähre Menschen, die mit deutlich weniger Einkäufen hinter mir in besagter Kassenschlange stehen, gerne den Vortritt, während ich den Wocheneinkauf für meine fünfköpfige Großfamilie auf das Förderband räume. Ich beleidige meine Mitmenschen selten, niemals grundlos und wenn, dann zumindest so, dass es nicht sofort erkennbar ist.

Allerdings gibt es immer wieder Situationen, die meine Prinzipientreue auf die Probe stellen und eine davon begegnete mir in der vergangenen Woche in Gestalt eines extrem schlecht gelaunten Ehepaares im fortgeschrittenen Alter, das nach einem lautstarken Streit vor der Wursttheke (er wollte Presskopp, sie Mettworscht) ein Ventil für den unerfreulichen Disput suchte.

Albtraum Wocheneinkauf 

Ich muss dazu sagen, der Wocheneinkauf für meine Familie ist auch für mich immer eine Stresssituation. Wer meinen Einkaufswagen betrachtet, der könnte vermuten, dass in Deutschland – ach, was sage ich: in ganz Europa – eine akute Hungernot bevorsteht. Trotz dieser Unmengen an Lebensmitteln, die ich Woche für Woche herankarre, weist unser Kühlschrank spätestens am Dienstag schon wieder bedenklich viele Lücken auf, was bei meinem Kindern tatsächlich jedes Mal die Panik schürt, sie könnten verhungern – völlig grundlos: sie wachsen, gedeihen und fressen uns die Haare vom Kopf.

Das Ausräumen meines Einkaufswagens erfordert demnach einige Zeit und ich lasse andere Wartende nicht nur aus reiner Menschenfreundlichkeit vor, sondern möchte auch vermeiden, dass die Dame an der Kasse einschläft, bis ich am Boden meines Einkaufswagens angekommen bin.

Während ich also gerade einen Berg Tiefkühlpizzen und Nudelpackungen aneinander gelehnt auf dem Band stapele, knallt mir mein Einkaufswagen mit voller Wucht von hinten in die Beine und eine Stimme keift: „Gehe se mal e bisse nach vorne, damit mer unser Sache hier ausräume könne und mache se mal Platz – dann komme mer auch gut miteinanner aus!“

Kassenlaufbandwarenabtrenndings

Verblüfft schaue ich auf und sehe besagtes Rentnerehepaar, das eines dieser Warentrenner (Sie wissen schon, diese Kassenlaufbandwarenabtrenndinger; den Fachbegriff musste ich googeln) hinter meine Einkäufe knallt und munter den verpackten Presskopp nebst anderen Dingen, die man für ein glückliches Rentner-Dasein braucht, auf das Band räumt. Ich weise freundlich darauf hin, dass ich mehr Platz benötige, um die ganzen Lebensmittel aus meinem noch immer halbvollen Einkaufswagen auf das Förderband zu packen, aber ich stoße auf taube Ohren – und nicht nur das! Im Nu ergießt sich eine zweistimmige Schimpfkanone über mich, beginnend mit einer Tirade über die Rücksichtslosigkeit meiner Generation, dass der Presskopp diese Woche schon wieder nicht im Angebot ist (die Mettworscht aber schon, wie die Gattin aus dem Hintergrund zetert) und darüber, dass Menschen wie ich für das Übel auf der Welt verantwortlich wären, weil wir den Generationenvertrag nicht mehr erfüllen. Abgesehen davon war früher sowieso alles viel besser und heute ist es längst nicht mehr so, wie es mal war… Ach?!

Meine diplomatische Ignoranz, mit der ich stoisch den Presskopp samt Warentrenner nach hinten schiebe, verflüchtigt sich schlagartig, als der Fehdehandtusch für jede Mutter geworfen wird: „Des is e schönes Vorbild für de Nachwuchs! Da weiß mer schon, dass aus dem nix werd.“

Stopp! Kritik an den eigenen Kinder gestehe ich nur einem ganz kleinen und eng mit der Familie verbundenen Kreis zu und schon gar nicht einem Menschen, der meine Kinder nicht einmal kennt! Daran, dass „mer gut miteinanner auskomme“, habe ich schlagartig jegliches Interesse verloren!

Ganz kurz kommt mir der Gedanke, dass es vielleicht besser wäre, einfach zu schweigen – da höre ich mich auch schon sagen:  „Ich vermute, Sie haben die Wochentage verwechselt! Grundlos Leute beschimpfen und schlechte Laune verbreiten, ist nur montags legitim! Aber das kann in Ihrem Alter ja schon mal vorkommen!!“

Genau in diesem Moment verfängt sich Presskopp-Tüte am Ende des Förderbands, platzt auf und der Presskopp wird sehr unschön von zwei Dosen Linseneintopf überrollt. Dankbar schaue ich zum Himmel, lächle zum Abschied freundlich und sage: „Hach, irgendwas ist immer…“  🙂

 

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