Es gibt Ereignisse, die kann man ohne Übertreibung als internationale Sensation bezeichnen und ich kann es nicht fassen, dass solche Geschehnisse tatsächlich manchmal an mir vorbeigehen. Ich halte mich für einen Menschen mit solider Allgemeinbildung, lese täglich online mehrere Tageszeitungen und bin dank der Apps von Bunte und Gala auch in Promi-Fragen auf dem neusten Stand. Doch die Meldung, die seit einigen Wochen die Schlagzeilen beherrscht, hat sich anfangs völlig unbemerkt unterhalb meines mutterinstinktgetriebenen Radars bewegt – obwohl das Pubertier hier im Hause dank der Dauerpräsenz in den sozialen Netzwerke schon längst Witterung aufgenommen hatte. Ich kann diese Unaufmerksamkeit meinerseits nur mit einer stressbedingten Wahrnehmungsstörung erklären, da mein Fokus derzeit auf Gegenstände gerichtet ist, die sich möglichst unkompliziert in Geschenkpapier verpacken lassen.
Sie fragen sich jetzt vielleicht, wovon ich spreche. Ich meine nicht etwa den neusten Fauxpas des amerikanischen Toupetträgers, der sich das Amt des Präsidenten erpöbelt hat. Auch nicht die zu vermutende Ehekrise des „First Couple“, weil die leidgeprüfte Präsidentengattin erneut genervt in aller Öffentlichkeit die Amtspranke ihres Mannes zur Seite geschoben hat. Und auch nicht die Leidensmine des jüngsten Trump-Sprosses, mit der er seinen proletenhaften Vater regelmäßig betrachtet und die sich auch dann nicht aufhellt, wenn ein Weihnachtsbaum im XXL-Format ins Weiße Haus geliefert wird. Selbst die Frage nach der GroKo in Berlin, die Nominierungen für die Golden Globes oder die mit Spannung erwartete Entwicklung des DAX, von dem man hofft, dass er bis zum Jahresende noch die Hürde von 13.200 Punkte passiert – all das verblasst neben einem so einschneidenden Ereignis. Gerade vielen jungen Menschen gibt dies Hoffnung, dass die Welt noch nicht verloren ist. Für die ältere Generation, mich eingeschlossen, bräuchte es da schon etwas mehr – z.B. dass der oben erwähnte XXL-Weihnachtsbaum das „Trumpeltier“ unter sich begräbt.
Teenager toppen den amerikanischen Geheimdienst?
Unsere Kinder sind mit den neuen Medien deutlich besser vertraut als wir und ich stelle immer wieder fest, dass man die wirklich bedeutungsvollen Dinge nur erfährt, wenn man einen Teenager im Haus hat. Neben den Basisinformationen wird da gleich eine Bandbreite an pikanten Details mitgeliefert, so dass der amerikanische Geheimdienst im Vergleich dazu eigentlich einpacken könnte. Wenn Sie noch immer nicht ahnen, wovon ich spreche, dann haben Sie vermutlich keine Kinder im Teenageralter oder Sie haben „nur“ einen Sohn. Erfahrungsgemäß nehmen Jungs ihre Umgebung und das Weltgeschehen zwar durchaus wahr, sprechen aber weniger darüber; das Augenmerk von männlichen Teenagern im Alter von 13 bis 17 Jahren ist eher auf die Frage gerichtet: „Was gibt es zu essen?“. Emotionalität wird durch kraftvolle Aussagen wie „Oh“, „Aha“ und „Ok“ zum Ausdruck gebracht und Ausbrüche spontaner Euphorie müssen wohlüberlegt sein, sonst verschwendet man(n) zu viel Energie und muss – Sie ahnen es vielleicht – erst einmal etwas essen!
Töchter ticken da anders. Wenn Sie eine Tochter im Alter von 16 Jahren haben, liegt die Vermutung nahe, dass bei Aussagen wie: „Oh mein Gott, Mama, ich glaube es nicht – endlich!!! Ich bin so glücklich!“ gerade ein Online-Ausverkauf angesagter Markenartikel angekündigt wurde oder Ian Somerhalder wieder Single ist. Auf die Neuigkeit jedoch, die dann mit glänzenden Augen aus meinem sonst eher etwas zickigen Tochterkind herausgesprudelte, war ich in keiner Weise vorbereitet und es fällt mir immer noch schwer, meine Ergriffenheit in Worte zu fassen.
Um das Geheimnis endlich zu lüften: Selena Gomez und Justin Bieber sind wieder ein Paar!!! Ist das zu glauben? Endlich! Nach etlichen Jahren, in denen die beiden Stars eine On-/Off-Beziehung führten und dem damals offensichtlich endgültigen Aus im Jahre 2015 haben sie wieder zusammengefunden. Und es wird noch besser!! Es wurde bekannt, dass sich die beiden nie wirklich aus den Augen verloren haben, weil keiner den anderen vergessen konnte – und jetzt? Jetzt werden sogar schon im Eiltempo Hochzeitspläne geschmiedet! Es lebe die Romantik! Wenn diese beiden Menschen nicht füreinander bestimmt sind, dann weiß ich es auch nicht . . .
Beim ersten Kuss nach dem Liebes-Comeback von „Jelena“ waren Millionen Teenager weltweit über Snapchat, Instagram und Facebook quasi live dabei; wenn man dem Online-Dienst von „Promiflash“ glauben darf, saßen sie direkt daneben und hingen an den prominenten Lippen – rein virtuell natürlich.
Millionen Teenager feiern das Liebes-Comeback des Jahres
Fast 90% der befragten Teenager sind völlig aus dem Häuschen vor Freude und empfinden das diesjährige Weihnachtsfest nach dieser Meldung wahrhaftig als „ein Fest der Liebe“. Dass kurz danach auch noch die Verlobung von Prinz Harry und Meghan Markle bekannt gegeben wurde, löste weltweit einen pubertierenden Freudentaumel aus und wurde als gutes Omen für 2018 gedeutet. Sollten sich diese beiden bezaubernden Paare eventuell entschließen, eine Doppel-Hochzeit zu feiern, gehen vermutlich die ersten Groupies ohnmächtig zu Boden.
Verglichen damit versinken historische Liebespaare wie Samson und Delilah, Romeo und Julia oder Antonius und Kleopatra in völliger Bedeutungslosigkeit. Mit Spannung wird das erste gemeinsame Interview von „Jelena“ erwartet, so dass die erneuerten Liebesschwüre für immer in den Tiefen des Internets verewigt werden können.
Ich selbst bin immer noch tief bewegt und kann es mir kaum verzeihen, dass ich dem entscheidenden Moment dieser Wiedervereinigung nicht aufmerksam folgen konnte, aber zu meiner Entschuldigung muss ich sagen, ich war abgelenkt. Die Nachricht erreichte mich leicht zeitverzögert während der Geburtstagsfeier meines besten Freunde, zählte aber an diesem Abend zweifelsfrei zu den bedeutendsten Momenten.
Einigen der anwesenden Gäste war bislang die bloße Existenz des wiedervereinten Traumpaares verborgen geblieben und so nahmen sie zum Abschluss einer rauschenden Geburtstagsfeier u.a. auch das Hochgefühl mit nach Hause, den anderen Ahnungslosen in der Welt da draußen eine Nasenlänge voraus zu sein. J