In der Januar-Ausgabe der „‚Die Lokale“, der Monatszeitschrift für den Frankfurter Norden, ist ein Beitrag von mir veröffentlicht.
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Ein unbeschriebenes Blatt – oder warum aus einem Pinguin keine Giraffe wird …
In der Zeit zwischen Weihnachten und Silvester fühlt es sich an, als würde die Welt eine kleine Atempause einlegen. Die hektische Betriebsamkeit der Vorweihnachtszeit ist vorbei und es ist legitim, einfach mal nichts zu tun. Der Terminkalender ist leer, das neue Jahr steht unmittelbar vor der Tür und oftmals entsteht der Eindruck, man könnte noch einmal ganz von vorne anfangen und alles, was stört, mit der letzten Rakete an Silvester auf den Mond schießen. Wie ein unbeschriebenes Blatt lädt uns das neue Jahr ein, das ein oder andere Kapitel in unserem Leben neu zu schreiben. Hochmotiviert verfassen wir eine Liste mit guten Vorsätzen. In diesem Jahr wird alles anders! Egal wie – anders eben! Und vor allem besser!
Erfahrungsgemäß hält dieser Höhenflug nicht lange an und man landet unsanft in der Realität – wie ich gerade am eigenen Leib erfahren durfte. Nachdem ich beschlossen hatte, aufgrund eines Werbevideos des glatzköpfigen Tanz- und Fitness-Gurus aus dem Osten, das auf meinem Facebook-Profil ständig unaufgefordert abgespielt wurde, zu einem sportlichen Allrounder zu mutieren, fiel mein Körper nach der ersten Laufrunde bei Nieselregen in Schockstarre und produzierte schwerwiegende Erkältungssymptome. Damit ließ sich mein zweiter Vorsatz, mehr Zeit für Ruhe und Entspannung zu haben, direkt umsetzen – Triefnase und Brummschädel inklusive!
Damit wurde mein Aktivismus schon zu Beginn sehr unfreundlich ausgebremst. Mir kommt der Gedanke, dass ich vielleicht die falschen Kapitel in meiner Geschichte umschreiben wollte, denn die Punkte auf meiner tollen Liste machen mich vor allem eines: müde! Sicher wäre ich gerne vieles davon … Ich wäre gerne supersportlich, möchte meine Familie, den Hund und meinen Job einem straff organisierten Zeitplan unterwerfen und träume von einem Leben ohne Heißhungerattacken.
Leider geht das knapp an der Realität vorbei und um es mal in den Worten von Eckart von Hirschhausen auszudrücken: Das ist so, als ob sich ein Pinguin wünschen würde, eine Giraffe zu sein, weil es toll ist, einen so langen Hals zu haben. Er vertritt die Ansicht, dass es gar nicht so sehr darauf ankommt, was man ist, sondern ob die Umgebung zu einem passt und ob man in seinem Element ist. Während ein Pinguin an Land ziemlich unbeholfen und plump aussieht, ist er im Wasser ein wahrer Meister seines Könnens und man denkt nur: wow! So, wie eben jeder von uns wirkt, wenn wir das tun, was wir lieben und was zu uns passt. Dann geht es uns wie dem Pinguin und man denkt nur noch: Bitte mehr davon!
Wenn ich ehrlich bin: mein Pinguin ist kein großer Sportler und er liebt gutes Essen. Er ist mitunter etwas schusselig, erledigt viele Dinge auf den letzten Drücker, weil er dazwischen immer so tolle kreative Ideen hat. Es fällt ihm schwer, mal deutlich „Nein“ zu anderen und „Ja“ zu sich selbst sagen, weil er oft denkt, man fände ihn vermutlich cooler, wenn er eine Giraffe wäre, weil die doch so einen schönen langen Hals … Sie verstehen, was ich meine!
Vielleicht wäre es an der Zeit, mich mit meinen Pinguin anzufreunden und damit würde ein einziger Vorsatz vollauf genügen: Immer dann, wenn ich glaube, mein Leben wäre so viel aufregender und besser als Giraffe, mache ich ein paar Schritte zum Wasser hin, springe hinein und fange an zu schwimmen …
Schön zum lesen.
Schreibst Du öfter für die Frai Scheidenantel ?
Danke 🙂 In unregelmäßigen Abständen 🙂