Diese Weihnachtsbäckerei… ist eine echte Schinderei

Viele Dinge kann man lernen, wenn die innere Bereitschaft vorhanden ist – oder wenn der Druck des unmittelbaren Umfeldes so groß wird, dass man alles gibt, um fehlendes Talent mit Ideenreichtum und den Einsatz geeigneter Hilfsmittel auszugleichen.

So geht es mir jedes Jahr, wenn die jahreszeitlich bedingte Plätzchen-Euphorie um sich greift und ich die vorweihnachtliche Backorgie ungebremst auf mich zukommen sehe. Sie merken schon, dass es Dinge gibt, die mir deutlich mehr Spaß machen als Backen! Das liegt zum einen daran, dass ich Teig einfach nicht mit den Händen anfassen mag und ich regelmäßig dem Spott meiner Familie ausgeliefert bin, wenn ich nach der Box mit den Einweghandschuhen greife; zum anderen hat das Endergebnis meistens optisch nur wenig Ähnlichkeit mit den Bildern in dem Rezept, obwohl ich mich wirklich peinlich genau an die Angaben halte.

Anfangs schlage ich noch einigermaßen zuversichtlich das Backbuch auf und betrachte die filigran ausgestochenen, puderzuckrigen Schneeflocken, die perfekt geformten Vanillekipferl und die Florentiner Plätzchen, deren Boden mit einer feinen Schicht dunkler Schokolade überzogen ist. Einige Stunden später könnte man bei einem halbwegs unkomplizierten Verlauf besagte Plätzchen auf meiner Küchentheke bewundern und im günstigsten Fall wäre eine entfernte Ähnlichkeit mit den abgebildeten Gebäckteilchen zu erkennen. Der Vergleich meiner Ausbeute mit den professionellen Bildern in dem Rezeptbuch frustriert mich allerdings jedes Mal aufs Neue. Ich empfinde das als ähnlich manipulativ wie der Werbespot für eine straffende Gesichtscreme mit einem Model, das für die Aufnahmen garantiert noch die Einverständniserklärung ihrer Eltern gebraucht hat und dem Begriff „Krähenfüße“ tatsächlich die knochigen Krallen des gleichnamigen Vogels zuordnet!

Nachdem ich mich nun schon im dritten Jahr der Versuchsreihe „Wir backen möglichst authentisch aussehende, hauchdünne Buttergebäck-Schneeflocken“ befinde und die Ergebnisse meistens nach „Schneeflocken auf der A5 bei erhöhtem Verkehrsaufkommen“ aussehen, hatte ich beschlossen zu improvisieren. Mit den Lebkuchen-Ausstechförmchen meiner Mutter ergab die vorgeschriebene Teigmenge zwar nur 4 Nikolausstiefel, 3 Könige und 2 Engel, aber immerhin brach dem Engel kein Flügel ab und den Heiligen Drei Königen kein Zacken aus der Krone. Unter einer Schicht Puderzucker sahen die XXL-Butterkekse sogar einigermaßen repräsentativ aus.

Auch in Sachen Vanillekipferl glaubte ich mich gut vorbereitet. Nachdem meine „Kipferl“ im Backofen oftmals eine sehr eigenwillige Form angenommen hatten und meine jüngste Tochter mitfühlend sagte, es seien eben „Vanillewürstchen“, habe ich mir in diesem Jahr die ultimative Backform gegönnt! Mit der „Vanillekipferl Flexiform“, bei der man sich angeblich aufgrund der besonderen Beschichtung sogar das Einfetten sparen kann, wähnte ich mich auf dem Siegeszug. Im Backofen sahen die Kipferl auch noch ziemlich gut aus – bis ich der Anweisung „nach dem Abkühlen vorsichtig aus der Form lösen“ folgen wollte. Ich war vorsichtig, ehrlich! Mit unendlich viel Geduld habe ich versucht, die Kipferl aus der Form zu lösen, was auch funktioniert hätte, wenn sie denn gewillt gewesen wären, diese loszulassen. Nach gutem Zureden gab zumindest der obere Teil des Kipferl nach, währen der Rest in der ach so flexiblen Form hängenblieb. Was soll ich sagen… Ich habe die ansehnlichsten Stücke mit einer Mischung aus Vanille- und Puderzucker überzogen und danke meiner Familie von Herzen, dass sie die Optik unkommentiert gelassen und sich nur lobend über das Vanillearoma geäußert hat.

Ich muss gestehen, an dieser Stelle hatte sich meine Motivation bereits fröhlich winkend verabschiedet und lag mit einer gekauften Packung Lebkuchen auf dem Sofa. Jetzt galt meine ganze Hoffnung dem Enthusiasmus, den meine jüngste Tochter für Dinge wie Backen, Basteln oder Gärtnern aufbringen kann und der Plan ging auf. Nachdem dann noch ein Schokoladenkuchen trotz des idiotensicheren Rezepts im Thermomix irgendwie anders als gewöhnlich geworden war, zog sie mit vielsagendem Blick zu meinem Schwiegervater los. Nach knappen 5 Stunden bekam ich ein mit Puderzucker bestäubtes Kind, mehrere angebrochene Tütchen Zuckerstreusel und zwei große Dosen Weihnachtsplätzchen zurück!! Fazit: Das Gute an einer Familie ist, sie lässt dich in Krisensituationen nie allein!

Ich wünsche Ihnen allen frohe Weihnachtsfeiertage im Kreise ihrer Lieben, viel Lachen, Liebe und gute Laune – genießen Sie die gemeinsame Zeit und lassen Sie sich die Plätzchen schmecken. 🙂

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