Auf den Hund gekommen – oder warum Gummistiefel die neuen Pumps sind

Ein Leben ohne Haustier ist möglich, aber nur halb so schön. Nachdem ich gemerkt habe, wie leer und still das Haus ohne unseren Kater ist – und das trotz drei permanent lärmender Kinder – war für mich klar, dass bei uns auf jeden Fall wieder ein oder zwei Katzen einziehen müssen. Meine Familie habe ich eigentlich nur nach ihrer Meinung gefragt, um den Schein einer demokratischen Entscheidung zu wahren. Mit zwei pubertierenden Teenagern und einer 9-Jährigen im Haus könnte man sich im Nachhinein für so eine blödsinnige Idee ohrfeigen!

An Kreativität und spontanen Einfällen mangelt es meiner Familie ja nie und ich bin ehrlich gesagt erleichtert, dass sich bei der Größe unseres Reihenhäuschens und dem angrenzenden Garten Pferde sowie die meisten gängigen Bauernhoftiere schon von selbst ausschließen.

Vielleicht ein mopsgedackelter Windspitzhund?

Ganz oben auf der Haustierwunschliste steht ein Hund, weil der doch wesentlich personenbezogener ist als eine Katze und man ihn auch praktischerweise überallhin mitnehmen kann. Mein Sohn plädiert außerdem für eine Rasse, die die Bezeichnung „Hund“ auch verdient und nicht spontan mit der Toilettenbürste verwechselt wird. Man(n) muss ja auch ein bisschen die Außenwirkung beim weiblichen Geschlecht im Blick haben.

Meine Töchter möchten ein Haustier, das möglichst schick ist, aber auch irgendwie niedlich, nicht haart und auf keinen Fall sabbert, stinkt oder Schuhe anfrisst. Ein Hund wäre prinzipiell toll, aber dann bitte einen mit langem Fell, den man oft bürsten und kämmen kann, der schnell stubenrein wird und dem man so tolle Kunststücke beibringen kann wie Lassie. Ist es da nicht eine glückliche Fügung, dass die Cousine meines Mannes seit vielen Jahren Border Collies züchtet? Ein ganz klares Zeichen aus dem Universum, wenn ich meiner großen Tochter glauben darf.

Ein Kätzchen wäre auch süß, aber es soll nicht kratzen, nicht aus der Toilette trinken, keine Vögel fressen und nachts nicht im Haus herumlaufen, weil sich das irgendwie gruselig anhört – Stephen Kings „Friedhof der Kuscheltiere“ lässt grüßen.

Weitere Vorschläge sind ein Wellensittich oder ein Papagei, weil man denen das Sprechen beibringen kann. Dieser Vorschlag wurde jedoch von mir ohne weitere Diskussion im Keim erstickt, denn in dieses Haus zieht definitiv nicht noch ein Lebewesen ein, das spricht oder sich animieren lässt, Widerworte zu geben!

Mein Mann findet Katze und Hund gleichermaßen gut und schließt Hasen, Meerschweinchen, Vögel sowie Reptilien und Insekten kategorisch aus. Die finale Entscheidung möchte er jedoch dem „Familienoberhaupt“ überlassen. Nach einem kurzen Moment der Verwirrung habe ich verstanden, dass ICH damit gemeint bin.

Will ich wirklich einen Hund??

Mich hat diese ganze Diskussion allerdings etwas verwirrt. Will ich einen Hund??? Ehrlich gesagt war ich bisher immer ein typischer Katzenmensch. Ich mag es, dass sie ihren eigenen Kopf haben und niemals ein schlechtes Gewissen bekommen, wenn sie ausschließlich Dinge tun, zu denen sie Lust haben. Mein Kater hat sich garantiert nie gefragt, ob ich denken könnte, dass er denkt, ich würde denken … Sie verstehen, was ich meine?! In meinen Augen die perfekte Vorbildfunktion, um der Neigung zur Selbstaufgabe von Müttern entgegenzuwirken – geradezu therapeutisch!

Sie bewegen sich außerdem leise und anmutig, vergraben keine Knochen, sondern ihre Häufchen und sabbern beim Fressen und Trinken auch nicht den Küchenfußboden um ihre Fressnäpfe herum voll. Und sollten Katzen dann tatsächlich mal auf die Idee kommen, bei einer Wetterlage, die ich im Hinblick auf meine Schuhe und die Frisur als nicht optimal bezeichnen würde, vor die Tür zu gehen, dann kann ich selbige öffnen, viel Spaß wünschen und muss mir höchstens hinterher das empörte Gemecker anhören, wenn die Schnurrhaare tropfen.

Passt ein Hund da überhaupt zu mir?? Sicher, ich laufe gerne und viel – da wäre ein Hund gar nicht so abwegig, aber mein Naturell wehrt sich heftig gegen alles, was mit einer zwanghaften Regelmäßigkeit verbunden ist und wenn ich täglich laufen MUSS, dann will ich nicht mehr. Und schon gar nicht, wenn es richtig windig ist. Oder regnet. Oder zu kalt ist. Oder alles zusammen!

Ich vergaß zu erwähnen, dass meine Familie natürlich gerne einen Welpen hätte, weil sich nur zu einem Hundebaby in der Prägephase eine extrem innige Beziehung aufbauen lässt!! Nachdem meine Kinder also jetzt durchschlafen, ich nachts keine Windeln mehr wechseln, Fläschchen geben, Tee kochen oder Gespenster unter den Betten verjagen muss, soll ich mehrmals nachts einen kleinen Hund dazu animieren, immer an dieselbe Stelle neben dem Hibiskus zu pinkeln? Wenn ich ganz ehrlich sein soll …

Fünf Wochen später …

Ich muss gestehen, ich bin verliebt und es hat mich wirklich schwer erwischt – dabei wollten wir nur mal gucken. Sie kennen das sicher von Handtaschen und Schuhen?!

Er ist ganz flauschig, hat schwarze Fledermausohren, ein blaues und ein braunes Auge und hört auf den zauberhaften Namen Lennox. Er gräbt sekundenschnell ein ganzes Blumenbeet um und gleicht einem Staubsauger, weil er alles frisst, was ihm vor die Nase fällt – sogar Pusteblumen. Da niest er anschließend diese kleinen, puscheligen Pollen wieder aus, denen er dann völlig fasziniert nachschaut.

Sobald ich den Raum betrete, wirft er sich auf den Rücken und lässt sich den Bauch kraulen und wenn ich ihm statt Trockenfutter zur Abwechslung mal Reis mit Karotten und Hühnchen dünste, wirft er mir einen Blick zu, der zum Niederknien ist. Für ihn habe ich mir Gummistiefel und eine Regenhose gekauft und wir sitzen selbst bei Dauerregen im Gras und gucken uns einen Ameisenhaufen an – zumindest die Ameisen, die er nicht frisst.

Ich brauche seltener Handtaschen, sondern trage aktuell ein kleines Beutelchen am Gürtel, auf dem „Good Boy“ steht und in dem sich klein geschnittene Wiener Würstchen und Mini-Knochen befinden. Außerdem bin ich stolze Besitzerin von lauter bunten Haargummis, weil ein Pferdeschwanz draußen bei Wind, Regen oder hoher Luftfeuchtigkeit einfach praktischer ist als eine Fönfrisur.

Mitunter erwecke ich den Eindruck einer leichten Persönlichkeitsstörung, weil ich „Pfui“ und „Aus“ rufend durch die Wiese stampfe, um mich gleich darauf mit einem überschwänglichem „Fein, das hast du aber fein gemacht“ über ein frisch am Feldrand deponiertes Häufchen zu freuen, das ich mit einer der zahlreichen Tüten aufsammele, die neuerdings meine Hosentaschen bevölkern.

Er stiehlt mir auf Lesungen und bei öffentlichen Terminen die Show, hat gerade sein erstes Zeitungsinterview absolviert und knurrt abends im Dunkeln die Mülltonnen an, um mich zu beschützen. Zusammenfassend kann ich wohl sagen, ich bin auf den Hund gekommen – was für ein Glück! J

12 Replies to “Auf den Hund gekommen – oder warum Gummistiefel die neuen Pumps sind”

    • Viele Grüße zurück, liebe Frau Büchner – auch von Lennox, derzeit knappe 10 kg (sollen irgendwann mal ca. 22 kg werden) 😉

  1. Wunderbar, man fühlt sich beim Lesen einfach als ob man dazu gehört. Ich freue mich auf viele weitere Erlebnisse von Lennox und seiner Familie. Vielen Dank.

    • Vielen Dank, liebe Petra 🙂 Er liefert auch schön fleißig weitere Geschichten – was wäre das Leben ohne Haustiere…

  2. Endlich hast du losgelegt .Die erste Anekdote über Lennox hat mich total entzückt. Weiter so. Einfach zauberhaft..ich freue mich auf eine Fortsetzung..😁

  3. Ich unterschreibe jedes Wort. Als Katzentante bin ich auch gerade auf den Hund gekommen.
    Fönfrisur ade, Gummistiefel (geblümt) stehen selbstverständlich an der Haustür und im Gelände erkennt man mich am gesäuselten „braver Boris“ oder barschem „Lass das!“
    Und tatsächlich quoll schon mal bei einem Businesstermin statt eines Taschentuchs, die rote Hundetüte (leer!) aus der Hosentasche. Ich erntete wissende Blicke, als ich sie hastig einsteckte.

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