Man ist so alt, wie man sich fühlt?!

Eine bittere Erkenntnis des Älterwerdens ist unter anderem, dass oftmals die Optik, der physische Zustand und das gefühlte Alter so gar nicht mehr zueinander passen. Während wir immer öfter hören, dass 50 die neue 30 ist, man selbstbewusst glaubt, sich optisch locker im Rahmen einer guten 40 zu bewegen und gute 15 Jahre kommentarlos wegfühlt, macht einem nicht selten der eigene Körper einen Strich durch diese (Zeit-) Rechnung. Eingehüllt in die ständig präsente, jugendliche Sorglosigkeit will man morgens mit entsprechendem Schwung aus dem Bett steigen und wird eiskalt von diesem Körper ausgebremst, der sich – je nach Wetterlage – des Öfteren an der gefühlten Grenzen zur 80 bewegt.

Die plastische Chirurgie und viele Anti-Aging-Behandlungen haben in den letzten Jahren wahre Wunder vollbracht und lassen Frauen ab 30 fast alterslos erscheinen. Spätestens ab 40 haben wir dank entsprechender Vorarbeit dann den Olymp in Sachen ewiger Jugend erreicht und visuell werden wir eher jünger als älter. Kombiniert man das mit einer gesunden Ernährung jenseits allem, was glücklich macht, schwelgt in dem sogenannten Superfood wie Algen, Gerstensaft, Goji-Beeren, Avocado und literweise Wasser und hält mehrmals pro Woche dem Drill eines Personal Trainers stand, ist auch die Figur trotz mehreren Schwangerschaften immer noch jugendlich und knackig.

Wenn es morgens zwickt und zwackt…

Blöd nur, dass es noch keine Pille gibt, die man gegen altersbedingte und urplötzlich aufkommende Wehwehchen einwerfen kann. Da steht man ahnungslos morgens auf und es zwickt in der rechten Schulter. Aus dem Zwicken wird im Laufe des Tages ein großflächiges Reißen mit unterschwelligem, wellenartigen Brennen. Ein Schmerz, den normalerweise nur Männer im Endstadium der Männergrippe kennen.

Dieses lästige Handicap verschwindet auch nicht spontan wieder nach ein paar ausgiebigen Dehnübungen, wie das noch vor ein paar Jahren der Fall war und nachdem dieser fiese Schmerz nicht nur einen, sondern gleich mehrere Tage gleichmäßig anhält, fängt man hypochondrisch an, die Symptome zu googeln. Erschrocken stellt man fest, dass sich hinter einem Ziehen in der rechten Schulter doch tatsächlich eine unerkannte Lähmung des linken Arms verbergen kann, die möglicherweise durch einen verdeckten Herzinfarkt von hinten oder unten übers Knie in das rechte Schulterblatt schießt. Ferner ist auch eine harmlose Entzündung des Schleimbeutels oder des Atemhilfsmuskels möglich, es wird jedoch sicherheitshalber empfohlen, je nach Schweregrad der Schmerzen, den Verdacht auf Leberkrebs ausschließen zu lassen. Banale Diagnosen wie ein eingeklemmter Nerv, Arthritis oder Verspannungen werden nur am Rande erwähnt und unter den Behandlungsvorschlägen tauchen Begriffe auf wie „Rotlicht“, „Fango-Packung“ oder „Reha-Übungen zur Stärkung der Rotatorenmanschette“! Dieses Vokabular ist mir zwar von meinen Eltern noch bekannt, aber bitte, als die mit solchen Zipperlein zu kämpfen hatten, waren sie doch deutlich älter, oder? In diesem Stadium, dem sich nahtlos künstliche Hüftgelenke und Zahnprothesen anschließen, kann ich doch unmöglich schon angekommen sein!

Aber ein stetig einsetzender Verschleiß lässt sich nicht leugnen. Längst schon diskutieren wir auf Partys nicht mehr nur über die neusten Filme, literarische Neuerscheinungen, angesagte vegane Restaurants oder den hippsten Modetrend, sondern über Meniskusoperationen, Gelenkschmerzen, Verdauungsstörungen und – ganz schwer im Kommen – Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen (und nein, letztere sind bei Frauen nicht Teil des Gesamtpaketes!). Statt ausgiebig dem neusten Klatsch aus der Nachbarschaft zu frönen, werden die Packungsbeilagen der gängigsten Schmerzmittel rauf- und runtergebetet, die Adressen der gefragtesten Physiotherapeuten und Osteopathen ausgetauscht, pflanzliche Hormonkuren diskutiert und im besten Fall nebenher Thermomix-Rezepte ohne Kohlenhydrate weitergegeben.

Wenn der Sport zum Mord wird – da gibt’s doch aus was von Ratiopharm…

Nach den Sportkursen, die mit zunehmendem Alter immer extremer werden, weil man gefühlt ja noch locker mithalten kann und sich auf gar keinen Fall die Blöße geben will, im Piloxing neben einer 20-Jährigen mit hochrotem Kopf zusammenzubrechen, zieht sich die Regenerationsphase mittlerweile über mehrere Tage. Selbstverständlich brauchen wir dieses Auspowern für unser körperliches Wohlbefinden und dass sich der Muskelkater am nächsten Tag ganz unerwartet zu einer handfesten Zerrung auswächst, liegt nur daran, dass die Aufwärmphase zu knapp bemessen war.

Und als ob dieser schleichende Verfall alleine nicht schon schlimm genug wäre, betrachten mich meine Kinder stellenweise mit derselben Mischung aus Ungläubigkeit und Mitleid, mit der ich meine Eltern damals auch angeschaut habe, wenn sie sich nach einem Tag Gartenarbeit in stillem Einvernehmen gegenseitig den Rücken mit Voltaren eingerieben haben.

Ich war übrigens gerade in der Apotheke, denn es besteht akuter Handlungsbedarf: der Schmerz vom rechten Schulterblatt schlägt spiralförmig in Richtung Gelenk aus und wenn ich diese dramatische Entwicklung der Symptome google, bin ich so gut wie tot. Das ist nicht akzeptabel, denn schließlich muss ich am Montag im Piloxing wieder mit entsprechenden Gewichten in den Boxhandschuhen auf imaginäre Sandsäcke einschlagen. Ganz klar, ich altere ganz sicher nicht kampflos – und für mögliche Beschwerden und Nebenwirkungen gibt’s bestimmt auch was von Ratiopharm!  🙂

2 Replies to “Man ist so alt, wie man sich fühlt?!”

    • Zum Glück habe ich ja auch so gar nicht über mich geschrieben 😉 Oder höchstens ein bisschen… an schlechten Tagen – mal mehr, mal weniger! Aber das behalten wir für uns! 🙂

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