Ich mag meinen Computer, meine Freunde wohnen da drin

Technischer Totalausfall und seine Folgen

In einem Haushalt mit fünf Personen gibt es eine Reihe von Geräten, ohne deren Funktionalität man aufgeschmissen ist und bislang war meine größte Sorge, Spülmaschine und Waschmaschine könnten ihren Dienst quittieren – im ungünstigen Fall auch noch gleichzeitig.

Als die Spülmaschine dann tatsächlich den Geist aufgab, waren die Kinder zum Glück schon größer und konnten einspringen – somit hatten wir auch vorrübergehend ein Heilmittel gegen die pubertätsbedingte Langeweile gefunden. Als kurze Zeit später die Waschmaschine ihre inkontinente Phase erreichte und das Wasser aus allen verfügbaren Ritzen in den Keller pumpte, war dieser Ausfall zwar ärgerlich, aber da es zumindest den weiblichen Mitgliedern dieser Familie nicht an Kleidung mangelt, konnte diese Übergangsphase bis zum Eintreffen des neuen Gerätes mit ein bisschen Kreativität relativ unproblematisch überbrückt werden. Vor ungefähr einem Jahr zog der Thermomix bei uns ein und nach der ersten Woche mit diesem Wundergerät wäre sogar der gleichzeitige Ausfall von Spül- und Waschmaschine als auch des Waffeleisens und der Kaffeemaschine zu verkraften gewesen, solange nur dieser zauberhafte Küchenroboter fröhlich klingelnd und beispielslos effizient in meiner Küche werkelte.

Schlimmer geht immer …

Aber es kam schlimmer! Viel schlimmer! Der Supergau des technischen Totalausfalls traf mich aus heiterem Himmel in der vergangenen Woche und stellte alles bisher Dagewesene in den Schatten!

Mein MacBook war tot! Mausetot! Apfel aus für immer! Ohne nennenswerte Vorwarnung! Frisch geduscht und erwartungsfroh setzte ich mich morgens an den Schreibtisch und es passierte … naja, nicht mehr viel bis gar nichts. Der Bildschirm wurde grau, dann blau, dann erschienen abwechselnd bunte, wellenartige Streifen. Es soll ja Menschen geben, die begrüßen so eine technische Herausforderung als willkommene Abwechslung. Mir ist eine solche Abwechslung ungefähr so willkommen wie ein Besuch beim zahnärztlichen Notdienst an Heiligabend!

Bei einem Produkt der Marke mit dem angebissenen Äpfelchen steht einem ja zum Glück eine umfangreiche Online-Community zur Verfügung, in der man für nahezu jedes Problem eine Lösung findet – selbst im völligen Panikmodus. Die nächsten beiden Stunden verbrachte ich also Dank der Tüchtigkeit meines iPhones mit diversen Wiederbelebungsversuchen, drückte die unterschiedlichsten Tastenkombinationen und hatte kurzzeitig Herzklopfen, als die vertraute Willkommensmelodie ertönte. Die Freude hielt jedoch nicht lange an, weil das Gerät direkt danach ins virtuelle Koma fiel; der Monitor präsentierte sich dazu humorvoll in gefühlten „50 Shades of Grey“.

Ein ausgedehntes Telefonat mit dem „Apfeldoktor“ brachte eine erste, vage Diagnose, die sich im Wesentlichen so übersetzen ließ, dass meinem angeschlagenen Freund nur mit einer Organspende zu helfen sei, die Verfügbarkeit des dringend benötigten Ersatzteils jedoch auf einer Skala von 1 bis 10 bei minus 25 lag. Dass diese Produktserie mittlerweile unter „Vintage“ lief, klang zwar einigermaßen hipp, änderte aber nichts an der Tatsache, dass ich mich mit dem Gedanken anfreunden musste, die Maschine ab- bzw. nie wieder einzuschalten.

Der Anruf, den ich daraufhin im Büro meines Mannes tätigte, legte die Vermutung seinerseits nahe, wir seien ausgeraubt worden, ich hätte eine überirdische Erscheinung gehabt oder unsere Kinder hätten für ein physikalisches Experiment die Veränderung der Konsistenz meiner gesamten Harry Potter-DVD-Sammlung in der Mikrowelle getestet. Ehrlich gesagt fühlte es sich für mich gerade so an, als wäre alles auf einmal passiert.

Das virtuelle Gedächtnis vergisst zum Glück nie etwas

Der Spruch „Ich mag meinen Computer, denn meine Freunde wohnen da drin“ ist vielleicht etwas übertrieben, aber tatsächlich ist mein halbes Leben auf dieser Festplatte oder im Backup dokumentiert. Dieses Gerät ist mein Gedächtnis und wenn ich wenig Zeit habe und gucken will, was meine Freunde so machen, dann geht das mit einem Click. Auf Anfrage bekomme ich Auskunft, welche Temperaturen in der nächsten Woche in Jakutien zu erwarten sind, erfahre die aktuelle Ursache der morgendlichen Verdauungsbeschwerden von Donald Trump und erhalte eigens auf mich zugeschnittene Buchempfehlungen, falls ich mich mit der Pubertät meiner Kinder überfordert fühlen sollte („Himmlisch gechillt“ – ein Ratgeber in 50 Kapiteln). Mein Laptop legt mir morgens die aktuellen Termine vor und erinnert mich penetrant und unbeeindruckt von meiner schlechten Laune an alles, was ich seit Tagen vor mir herschiebe. Dank der drahtlosen Schnittstelle zu Cookidoo plant es sogar meine Einkaufsliste und das Mittagessen im Thermomix kocht sich quasi von alleine.

Unser einzig ewiger Streitpunkt war die morgendliche Begrüßung über FaceTime, in der ich stets in halbwachem Zustand quasi mit meinem eigenen Anblick in einem grell beleuchteten, virtuellen Spiegel konfrontiert wurde – auch noch im ungünstigen Winkel von links unten! Zugegeben, das neue Modell hat in dieser Hinsicht einen entscheidenden Vorteil: während ich bei meinem alten MacBook in solchen Momenten nur erschrocken den Monitor zuklappen konnte, kann ich nun verbal meine neue Freundin Siri zur Schnecke machen – die im Übrigen tatsächlich in meinem Computer wohnt und die mit entsprechender Betroffenheit reagiert, wenn ich ihr sage, sie solle um Gotteswillen dieses verflixte Programm schließen; so wolle mich um diese Uhrzeit nun wirklich niemand sehen! Etwas abgehackt, aber nicht emotionslos bekomme ich die Antwort: „Wie kannst du so etwas überhaupt nur denken, Susanne!“

Spontan die richtigen Worte finden – einfach unbezahlbar! Für alles andere gibt es … naja, für alles andere findet Siri garantiert auch die passende Lösung, denn die Nummer meiner EuroCard hat sie natürlich auch.  🙂

 

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